Ein Bericht von Jan Billion
Die Herbst-Versteigerung des Auktionshauses Schlegel vom 1. bis 3. November 2021 kann mit einer Fülle von ausgezeichnetem und seltenem Material, mit postgeschichtlich interessanten Spezialitäten, Briefen, guten Einzelmarken und Sätzen aufwarten. Alleine vier Sonderkataloge überraschen die Interessenten mit Spezialangeboten von der Klassik bis in die moderne Philatelie. Ein weiterer Schwerpunkt sind die Deutschen Besetzungsausgaben Frankreich. Sehr vielfältig zeigt sich die Abteilung mit Sammlungen, Posten und Nachlässen.
Seltenheiten vieler deutscher Sammelgebiete
Den Auftakt macht am 1. November am 10 Uhr der VIII. Teil der beliebten „Exklusivitäten“, wiederum 111 erlesene Lose aus vielen Bereichen der Philatelie. Darunter sind Spitzenstücke von Altdeutschland wie ein waagerechtes Paar des Sachsen-Dreiers (MiNr. 1 c) aus der rechten oberen Bogenecke (Feld 4-5) auf Briefstück, das mit einer Schätzung von 20-25 000 Euro an den Start geht. Es folgen einige Brustschilde-Spezialitäten, darunter der einzig bekannte Brief auf die Insel Celebes/Niederländisch-Indien (18-2000 Euro). Eine spektakuläre Neuentdeckung findet sich beim Dritten Reich: der Olympia-Block MiNr. 5 mit einer 40+35 Rpf, die einen deutlichen Doppeldruck aufweist. Diese Abart ist bei im Stichtiefdruck hergestellten Marken sehr selten und in diesem Sammelabschnitt kaum registriert, so dass die verlangten 30-35 000 Euro nicht überraschen. Unikat-Charakter hat auch die Winterhilfsserie von 1938 (MiNrn. 675-683) einzeln als Schwarzweiß-Essays auf Vorlagekartons der Reichsdruckerei (9-11 000 Euro). Eine Großrarität der Kolonial-Philatelie ist die Deutsche Post in China MiNr. 13 S auf Briefstück (30-35 000 Euro). Neben weiteren Kolonial-Seltenheiten begeistert eine Fülle von Deutschen Besetzungsausgaben Frankreich im Zweiten Weltkrieg von Dünkirchen, Festung Lorient und St. Nazaire, deren
Spitzenstücke genauso in den Exklusivitäten-Katalog integriert wurden wie die aus der Sammlung „Rohrpost Europa & Ozeanbriefe“, wo eine bisher nur als Fußnote im Michel-Katalog bekannte Hindenburg-Rohrpost-Ganzsache mit einer Verwendung in Wien auffällt (MiNr. RP 25, 2-2500 Euro). Bei Deutschland nach 1945 reicht die Spanne von Besonderheiten der Französischen Zone bis hin zu einer bisher unbekannten Teilzähnung der Bund MiNr. 573 (1-1200 Euro) und der berühmten „Gscheidle-Marke“ (25-30 000 Euro).
Nur eine Stunde später warten 150 Lose des altdeutschen Gebietes Oldenburg, ebenfalls in einem Sonderkatalog präsentiert, auf neue Liebhaber. Der Sammler hat großen Wert auf Qualität und optische Schönheit gelegt. Zu den herausragenden Stücken zählen ein waagerechter 3er-Streifen der MiNr. 1 auf Faltbrief aus Heppens (8000 Euro) und das Titellos, ein waagerechtes Paar der MiNr. 9 auf Ortsbrief innerhalb Rastedes. Das tadellose Stück, das früher die Caspary-Sammlung zierte, geht mit 10 000 Euro ins Rennen.
Am Nachmittag um 14 Uhr folgen teils einmalige Stücke aus der Sammlung des bekannten Berlin-Spezialisten Peter Koegel. Mehr als 800 Lose bieten eine faszinierende Spanne der Berliner Rohrpost nach 1945, des Postschnelldienstes vom 1. März 1949 bis 28. Februar 1963 und der Serie „Berühmte Männer“. Zu den Topstücken gehören der einzige Beleg von der Eröffnungsfahrt des Postschnelldienstes mit zweimal 50 Pf Schwarzaufdruck (2800 Euro) und die einzig registrierte, im Postschnelldienst beförderte 12-Pf-Schwarzaufdruck-Ganzsache (2500 Euro). „Die Ausrufpreise sind der heutigen Marktlage entsprechend angepasst worden“, schreibt Peter Koegel in der Einleitung des Sonderkataloges. „Viele Stücke aus den 80er- und 90er-Jahren hatten damals bedeutend höhere Preise. Bei einigen konnte oft auch nach Jahrzehnten kaum ein weiteres Stück auftauchen. In der Anfangszeit war jeder auch noch so häufige Brief oder Karte umkämpft, heute hat man auch durch das Handbuch von Steinbock/Gunn einen großartigen Überblick und eine preisliche Einordnung.“
Auf den Spätnachmittag ohne – wegen der zu erwartenden Bieterkämpfe – exakte Uhrzeit terminiert sind in einem weiteren Sonderkatalog über 400 Lose „Rohrpost Europa & Ozeanbriefe“. Die Sammlung umfasst die Gebiete des Deutschen Reiches ab Inflation mit der Rohrpost Berlin, München und Prag. Besonders beeindruckend ist die Abteilung mit den Ozeanbriefen.
Der 2. und 3. November gehören dem Hauptkatalog mit einem gewohnt breiten Spektrum der Philatelie und dem Sammlungs-Teil, der mit etlichen Nachlässen und Spezialsammlungen deutscher und ausländischer Gebiete glänzt. Ungewöhnlich ist dieses Mal eine Vielzahl von Autographen-Sammlungen (Lose 4359 bis 4384).