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69. AIX-PHILA-Auktion: Bei Provisorien und Aufdrucken gab es kein Halten mehr!

28. November 2021

Selten wurde eine Briefmarkenversteigerung bei AIX-PHILA mit so großer Spannung erwartet wie die 69. Auktion. „Schuld“ daran war der 2. Teil einer außergewöhnlichen Sammlung „Deutsche Kolonien“, als gut 800 Positionen gespickt mit Raritäten in meist überdurchschnittlich guter Erhaltung unter den Hammer kamen. Zuschläge im fünfstelligen Bereich waren keine Seltenheit, Steigerungen um das 10- bis 20-fache eher die Regel als Ausnahme. Von drei zurückgezogenen Losen abgesehen, blieb keine Position unverkauft, und der Gesamtausruf wurde versechsfacht. Bemerkenswert war außerdem, dass sich so viele verschiedene Sammler erfolgreich an der Versteigerung beteiligt haben.

Heiß umkämpfte Vorläufer

Vorläuferausgaben – besonders solche mit seltenen und gestochen klaren Ent­wertungen – waren durch die Bank heiß umkämpft und vervielfachten in der Re­gel die Startpreise, so z. B. von Deutsch- Neuguinea der Stempel KERAWARA auf einem Paar der 10 Pf von 150 auf 1050 Euro oder ein Ein­schrei­bebrief von HATZ­FELDHAFEN nach Mainz mit u. a. 25 Pf Adler frankiert, der von 100 auf 1450 Euro hochschoss. Bei Deutsch-Ostafrika erzielte eine komplette Paketkarte von KILWA nach Cottbus, frankiert u. a. mit 2 Mark, nach Ausruf von 250 stolze 4200 Euro. Eine Postkarte von GROSS-BA­TAN­GA (Kamerun) nach Hannover wurde von 70 auf 2400 Euro hochkatapultiert. Der sehr seltene Stempel aus APIA (Sa­moa) „Imperial German Post“ auf einer 20 Pf Adler erreichte beachtliche 3700 Euro, und eine 2 Mark graulila mit Stem­pel KLEIN-POPO aus Togo kam nach einem Startpreis von 1500 immerhin auf 3500 Euro. Die Markenausgaben bis 1914 erfreuten sich ebenfalls großer Nach­frage und hier vor allem die Be­son­derheiten: Ein Satz waagerechter Paa­re Adler mit Aufdruck DEUTSCH-NEU-GUINEA auf der jeweils linken und DEUTSCH-SÜDWESTAFRIKA auf der rechten Mar­ke, der als erstes Los ins Rennen ge­schickt wurde, landete nach 2500 Ausruf bei 16 500 Euro. Die erste Marke von Deutsch-Ostafrika, eine 3 Pf mit vergrößerter Auf­druck­breite, kam nach 1500 auf 6400 Eu­ro. Sehr gute Preise er­zielten auch die be­gehrten Halbierungen, die aufgrund Markenmangels infolge einer Porto­sen­kung (das gab es tatsächlich einmal!) bei Sammlern sehr begehrt sind. Dabei kletterte das Titelstück dieser Auktion, ein sogenanntes VALDIVIA-Provisorium aus Kamerun, von 5000 auf 7000 Euro oder eine Einschreibe­karte aus JALUIT (Hauptort der Mar­shall-Inseln) mit ei­ner halbierten 50 Pf Adler trotz kleiner Beanstandungen von 4000 auf 14 000 Euro. Den Vogel bei diesen Provisorien schoss eine Ansichtskarte aus PONAPE (Karolinen) ab, die mit einer doppelt überdruckten Marke zu 3 Pf von 1000 bis auf sagenhafte 22 500 Euro davonzog.

Waren die Er­gebnisse der Marken aus deutscher Ko­lonialzeit bis 1914 schon überaus be­achtlich, so gab es bei den Ausgaben der britischen Besetzung, als eine nur sehr klei­ne Zahl deutscher Marken mit englischem Auf­druck versehen wurde, kein Halten mehr. Sammler und An­leger vor allem aus an­gelsächsischen Ländern wie Aus­tralien und den USA beteiligten sich nun umso nachhaltiger on­line an der Ver­stei­gerung und er­möglichten Re­sul­tate, die niemand für denkbar gehalten hat­te und die die Katalognotie­run­gen ad absurdum führten. Da­zu ei­nige Beispiele zunächst von Deutsch-Neu­gui­nea: Eine in nur wenigen Stü­cken aufgelegte Einschreibemarke aus DEULON in sauberer Durch­schnittserhaltung und mit 1000 Eu­ro ins Rennen ge­schickt, schoss  auf 32 000 Euro, eine Aufdruckmarke 2 S auf 2 Mark Kaiseryacht mit der Be­sonderheit „großes S“ erzielte trotz ver­schiedener Quali­tätseinschrän­kun­gen mit sagenhaften 23 500 Euro mehr als das 40-fache des Startpreises! Zwei Mar­ken mit jeweils zweifachem Auf­druck 1 d auf 10 bzw. 20 Pf Kaiseryacht, von der keine Handvoll existieren dürften und die einst die Sammlung von Lord Bute schmückten, landeten nach heißen Bieterkämpfen bei 26 000 bzw. 30 500 Euro. Die höchste Zuschlags­summe mit 39 000 Euro erreichte ein waagerechtes Paar 1 Mark Kaiseryacht von den Mar­shall-Inseln mit doppeltem Aufdruck ebenfalls aus der Sammlung Lord Bute. 

Auch die Hauptauktion mit Münzen, Marken und Sammlungen aus aller Welt setzte Ak­zente, gab es doch vor allem bei der deutschen Feld- und In­selpost sowie der SBZ herausragende Ergeb­nisse. Das teuerste Einzellos, ein ungezähnter Bo­gensatz französische Zone, wurde mit 27 000 (25 000) Euro zugeschlagen. Sammlungen und Nachlässe verdoppelten und verdrei­fachten häufig die Startpreise. Kaum ein Los blieb un­verkauft, so dass der Ge­samt­zuschlag dieses Auktionsteils – ge­messen am Start­­preis – bei ebenfalls be­acht­lichen 170 % lag.