Ein Bericht von Jan Billion
Die 32. Schlegel-Auktion, die vom 15. bis 19. Mai im Hollywood Media Hotel Berlin stattfindet, lockt wieder mit einem umfangreichen und interessanten Angebot. Im Blickpunkt steht eine Ikone der deutschen Nachkriegsphilatelie, die berühmte Gscheidle-Marke, benannt nach dem ehemaligen Postminister Kurt Gscheidle. Überhaupt beeindrucken einmal mehr die deutschen Sammelgebiete, sei es mit einem Sonderteil von SBZ- Ganzsachen, durch die Auflösung einer Bund-Spezialsammlung oder mit Bogenrand-Besonderheiten verschiedener Sammelabschnitte.
Seltene Ganzsachen mit SBZ-Bezirkshandstempeln
Zur Teilnahme der Bundesrepublik Deutschland an den Olympischen Sommerspielen 1980 in Moskau sollte am 10. April 1980 eine Sonder-Zuschlagsmarke zu 60 + 30 Pf mit einer wehenden Olympia-Fahne als Motiv in einer Auflage von 7,5 Millionen Stück erscheinen. Aufgrund des sowjetischen Einmarsches in Afghanistan im Dezember 1979 verkündeten die USA ihren Boykott der Moskauer Spiele. Die Bundesregierung, die sich ihrem Bündnispartner verpflichtet fühlte, wünschte sich eine gleichlautende Entscheidung des Nationalen Olympischen Komitees (NOK). Nach langen Diskussionen verzichtete das NOK auf die Teilnahme an den Olympischen Sommerspielen 1980. Die Vorbereitungen für die Herausgabe der Sonder-Zuschlagsmarke waren zu diesem Zeitpunkt fast abgeschlossen. Die in der Bundesdruckerei Berlin bereits gedruckte Auflage wurde eingestampft. Neben zwei kompletten 50er-Schalterbogen mit den Formnummern 1 und 2 im Bonner Archiv für Philatelie und einem weiteren kompletten Bogen im Berliner Postmuseum entgingen drei weitere komplette Andruckbogen mit jeweils 50 Stück der Vernichtung, die dem damaligen Bundespostminister Kurt Gscheidle geliefert worden sein sollen. Ob er tatsächlich alle 150 Marken erhalten bzw. übernommen hat, lässt sich allerdings nicht mehr nachvollziehen. Mit Sicherheit gelangten etliche Exemplare der unverausgabten Olympia-Marke in den Besitz der Familie Gscheidle. Neben Ehefrau Elisabeth nutzte vor allem der in München lebende Sohn Thomas Gscheidle die Sonder-Zuschlagsmarke versehentlich für die Privatkorrespondenz. Ein erstes gestempeltes Exemplar wurde auf der 150. Steltzer-Auktion in Frankfurt am Main am 25. August 1983 ausgerufen und verkauft. Weitere Exemplare kamen 1983 innerhalb weniger Wochen bis Jahresende unter den Hammer. Insgesamt sind bis heute 27 gestempelte Exemplare der Gscheidle-Marke, darunter auch ein 3er-Streifen und Verwendungen auf Karte und Briefen, bekannt. Es gibt aber auch noch ein 28. Exemplar auf dem Markt – das einzige in postfrischer Erhaltung! Es tauchte schon sehr früh auf, wie ein Fotoattest aus dem Hause Schlegel vom 29. August 1983 belegt. „Prüferpapst“ Hans-Georg Schlegel schrieb damals: „Das Prüfstück ist echt und hat Originalgummi. Die leichte matte Stelle auf der Gummierung beeinträchtigt nicht die Postfrische der Marke und ist, in Anbetracht der enormen Seltenheit, völlig belanglos.“ Dass überhaupt ein postfrisches Exemplar existiert, ist dem Umstand zu verdanken, dass Elisabeth Gscheidle es einem Brief an eine Freundin als Rückporto beilegte. Als Los Nr. 1 der beliebten „Exklusivitäten“, wieder in einem Sonderkatalog präsentiert, sucht es nun auf der 32. Schlegel-Auktion einen neuen Liebhaber.
In einem weiteren Sonderkatalog wird die Sammlung „Bundesrepublik“ von Guido Gabisch offeriert, die u. a. viele einmalige Bogeneinheiten enthält. Neben Bogenrandbesonderheiten aus deutschen Sammelgebieten sind die Bezirkshandstempel der SBZ prominent vertreten. In einem entsprechenden Sonderteil finden sich 459 Ganzsachen. Dabei handelt es sich zum Teil um Unikate aus einem Archivbestand. Alle Stücke wurden aktuell BPP geprüft. Ebenfalls in einem Sonderkatalog zusammengefasst hat das Auktionshaus Schlegel das umfangreiche Angebot an Flug- und Zeppelinpost. Auf großes Interesse dürfte auch die Auflösung des Postarchives des Vatikans stoßen. Die exzellente Offerte an Münzen mit einem großen Teil seltener Goldmünzen ist u. a. auch im Exklusivitäten-Katalog untergebracht. Eine Vielzahl unberührter privater Nachlässe und Sammlungen, die in einem separaten Katalog untergebracht wurden, rundet die fünftägige Veranstaltung ab.
Internet: www.auktionshaus-schlegel.de