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377. Heinrich-Köhler-Auktion: Hochspannung, Spitzenphilatelie und außergewöhnliche Ergebnisse

9. November 2021

Vom 20. bis 25. September 2021 fand die mit Spannung erwartete Herbst­auktion von Deutschlands ältestem Briefmarkenauktionshaus Hein­rich Köhler in Wiesbaden statt. Das mehr als beeindruckende Auk­tionsprogramm, welches bereits im Vorfeld mit insgesamt zehn Kata­logen für Aufsehen gesorgt hatte, bot zahlreiche Höhepunkte und so manche Überraschung, mit der wohl nur die wenigsten gerechnet hätten. Wiederentdeckte Schätze, wertvolle Seltenheiten und bemerkenswerte Stücke, u. a. aus der Sammlung ERIVAN, hielten das philatelistische Publikum in Atem. Zahlreiche Briefmarken, Briefe und Belege er­zählten ihre jeweils eigenen, hochinteressanten Geschichten, die mitzureißen vermochten und die Sammler nachhaltig motivierten. Die große Nachfrage und das Bieterinteresse resultierten einmal mehr in spannenden Bietergefechten, atemberaubenden Steigerungen und diversen Spitzenzuschlägen. 

Highlights der Sammlung „ERIVAN – Altdeutschland“

Mit der Fortsetzung der Versteige­rungs­serie „Altdeutsche Staaten“ aus der Sammlung ERIVAN stand abermals eine herausragende Auswahl von Brie­fen zum Verkauf, die für Liebhaber der Philatelie Altdeutschlands alles zu bieten hatte. Erstmals fanden sich auch zehn Belege der ersten Marken des Deutschen Reiches, der Brustschild-Aus­gaben, darunter, die den Losen der klas­sischen altdeutschen Sammelge­biete in puncto Schönheit und Selten­heit in nichts nach standen. Das beste Beispiel mag ein Ersttagsbrief des Deut­schen Reiches sein, der für Staunen und Be­geisterung sorgte. Der Brief mit einer Mischfrankatur der MiNr. 1 (1⁄4 Gro­schen) und MiNr. 3 (1⁄2 Groschen) vom ersten Verwendungstag, dem 1. Januar 1872, steigerte nach einem Aus­ruf von 5000 Euro auf sagenhafte 130 000 Euro. Das Zusammenspiel der Erst­tags­verwendung in Kombination mit der MiNr. 1 auf diesem Beleg motivierte die Bieter zu „Höchstleistungen“. Ein wahrlich bemerkenswertes Ergebnis, das nur noch von einem Han­no­ver-Brief aus der Samm­lung ERIVAN übertroffen wurde, der für 145 000 Eu­ro zugeschlagen wurde. Auch hier war ein Ersttag im Spiel, denn die Misch­fran­ka­tur der Wertstufen 10 Gro­schen, 1 Groschen und 3 Groschen (zweimal) auf Be­leg nach Calde­ra/ Chile wur­de am ersten Verwendungs­tag der 10-Groschen-Marke, dem höchsten Wert der Se­rie, verschickt. Und dies sind nur zwei Beispiele der ausnahmslos her­vorragend verkauften Lo­se der Sammlung ERIVAN.

Eine kleine Sensation bahnte sich be­reits mit dem Fund eines ganz besonderen Beleges an. Ein Brief aus Bayern, der im Verborgenen in einem fränkischen Familienarchiv geschlummert hatte, fand sich nun nach 170 Jahren erstmals auf einer Auktion und faszinierte die Sammler. Der Brief mit einem 3er-Streifen des „Schwarzen Einsers“ und einer blauen 3-Kreuzer-Marke stellt eine Spitzenrarität der Ba­yern-Philatelie dar, handelt es sich doch um die einzige bekannte Bunt­frankatur der ersten Aus­gabe deutscher Briefmar­ken. Wie es der Zu­fall so wollte, hinterließ die einzigartige Hinter­grund­ge­schichte des Fundes einen bleibenden Eindruck bei dem Höchstbietenden, der den Zu­schlag für 54 000 (25 000) Euro erhielt. 

Es war insgesamt auffällig, wie groß das Interesse an der jeweils individuellen Geschichte der Briefmar­ken und Brie­fe ist. Das Wissen um die Hinter­gründe, sei es die des Briefes selbst oder auch die Provenienz, ist für zahlreiche Bieter von entscheidender Be­deutung. Auf­fäl­lig war auch, dass der persönliche Be­zug zum Stück bei den „großen“ Sel­tenheiten häufig mit ei­nem persönlichen Auktionsbesuch verbunden wird. Gerade bei den Pretiosen der Samm­lung ERIVAN war der Saal, begünstigt durch die Corona-Locke­run­gen, bis auf den letzten Platz be­setzt – selbstverständlich unter Einhal­tung sämtlicher Sicherheitsauf­lagen. 

Selbstredend ging die Faszination für die kleinen und großen Seltenheiten weit über den Auktionssaal hinaus. Dank der Möglichkeiten des Online-Live-Bie­tens buhlten die Sammler und Händler aus aller Welt um die philatelistischen Kostbarkeiten, wobei die Spe­zialsamm­lungen der Sammelgebiete Altdeutsch­lands ebenso gefragt waren wie die Lose aus Europa und Übersee. Bei­spiel­haft genannt sei die Kollektion „Bayern ab 1849 – Die Sammlung Elia­hu Weber (Teil 1)“, die mit großartigen Steige­rungen und Spitzenzu­schlä­gen punkten konnte. Auch die Lose der Samm­lungen „Herzogtum Braun­schweig“ und „Bremen: Hannover­sches Postamt, Norddeutscher Postbe­zirk und Brust­schilde“ von Friedrich Me­yer erfreuten sich großer Beliebt­heit. Im Bereich in­ternationaler Philate­lie überzeugten die Sammlungen „In­ternationale Postver­bin­dungen über Triest (Teil 1)“ und „Österreich – Erste Ausgabe in Ungarn verwendet (Teil 1)“ von Rolf Rohlfs ebenso wie die Kollek­tionen „Gems of Indian States 1864-1950“ und „Domi­nikanische Republik ab 1863 – Die Sammlung Hansmichael Krug“.